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Alles hat keine Zeit LVI

Tagesmail vom 18.12.2020

Alles hat keine Zeit LVI,

Die Welt ist alles, was Fakten sind. Die Bundeskanzlerin betreibt eine faktenbasierte Politik – im Einklang mit den Medien, die nur schreiben, was ist. Alles, was Fakten übersteigt, ist von Übel.

Beispiel:

„Sie wird gebraucht, aber nicht geduldet. Farah Demir arbeitet auf einer Corona-Station und lebt seit 34 Jahren in Niedersachsen. Trotzdem soll sie abgeschoben werden. Ihre Kollegen wollen das verhindern. Farah Demir arbeitet als Krankenschwester auf der Corona-Intensivstation des Klinikums der Medizinischen Hochschule in Hannover. Sie setzt Patienten die Beatmungsmaske auf, prüft, ob die Werte stimmen, reanimiert, wenn die Geräte piepen. Sie steht am Bett, wenn ein Patient stirbt und seine Angehörigen ihn nicht besuchen können. Sie stützt Patientinnen, damit sie es in den Rollstuhl schaffen und die Klinik verlassen können. Und dazwischen wechselt sie ihren Umhang, zieht eine neue Maske an, schmeißt ihre Latexhandschuhe weg, tupft sich den Schweiß ab und trinkt besonders gern Eistee aus der Dose.“ (ZEIT.de)

Was erlauben Farah Demir? Sie erkühnt sich, die Fakten deutscher Ausländeraversion durch eine geschickt platzierte „systemrelevante“ Arbeit zu unterlaufen? Unter dem Schild Agape zeigt sie ein staatsfeindliches, eigensüchtiges Verhalten. Nichts Bigotteres als ein tückischer Altruismus im Dienst des Egoismus.

Was bedeutet fakten-basiert? Die Fundamente des Hauses sind Fakten, Wände und Decken aber existieren nicht? Wenn ja, könnte man da noch von einem sicheren Haus sprechen? Oder müssten wir von Ent-hausung reden, weil es von allen Seiten in das kopflose Gebilde hineinregnet, stürmt und schneit? Wäre das ein Haus ohne Hüter? Und das will die Politik der Kanzlerin sein?

Ihre enthausten medialen Kohorten rühmen unentwegt ihre nüchterne, sachlich-wissenschaftliche Politik. Heißt das, Journalisten schreiben, was ist, Kanzlerin politisiert, was ist? Dann wäre die deutsche Republik ein Paradies der Positivisten.

Positivismus – eine geschickt gewählte Eigenbezeichnung, um alles Widersprechende als Negativismus abzuwerten – wird in einem renommierten Lexikon folgendermaßen definiert:

„Positivismus, eine Wissenschaft oder Philosophie, die sich mit der Feststellung des Gegebenen, Tatsächlichen begnügt. Sie beschränkt sich auf eine beschreibende, theoretische Rekonstruktion des jeweiligen Erfahrungsstoffes – und auf die konventionalistischeRichtung, die die Ordnungsprinzipien willentlich setzt. (Voluntarismus).“

Das Soziologenwelsch auf Klardeutsch: positivistische Wissenschaftler, Philosophen oder Edelschreiber protokollieren nur das Vorfindliche und Gegebene: das IST. Ein SOLLEN in Form sozialer oder moralischer Normen lehnen sie ab, das überlassen die dem Himmel, den Spatzen oder den Robert-guck-in-die-Lufts.

„Der Soziologie ist aufgegeben, das soziale „Sein“ zu untersuchen, während sie die Fragen nach dem Gesollten, wirklich Verbindlichen nicht zu beantworten hat, da sie keine normative Wissenschaft ist.“ (M. Emge)

„Normative Wissenschaft“? Kann es sowas überhaupt geben? Wäre das kein Widerspruch im Beiwort, da doch Wissenschaft keine Normen, kein SOLLEN definieren kann?

Positivistische Wissenschaften sind Hegels Satz verpflichtet:
„Was vernünftig ist, das ist wirklich; und was wirklich ist, das ist vernünftig.“

Hegel verkündete diesen Satz in Berlin (hier war der Weltgeist ans Ziel gekommen), wo das Kabinett Merkel eine hegelianische Politik aus einem deutschen Guss zelebriert. Die Ablehnung des Gesollten ist auch Kern der positivistischen Philosophie Wittgensteins:

„Aussagen über Kausalität und Moral lassen sich, wie Wittgenstein im Tractatus Logico-Philosophicus eingehender durchspielt, nicht als sinnvolle Sachverhaltsformulierungen auffassen.“

Wer Sollen als erwünschtes Faktum der Zukunft negiert, negiert zugleich die unveränderlichen Ursachen der Vergangenheit. Hume hatte bereits die Erkennbarkeit der Kausalität geleugnet. Kausalität sei nichts als Gewohnheit der Erfahrung, die der Mensch übertreibend zu einem Gesetz verallgemeinert habe.

Damit war die Grundlage der griechischen Wissenschaft eliminiert: nichts ohne Grund. Das geschah just in jenem Moment, als die neuzeitliche Naturwissenschaft einen Durchbruch mit phänomenalen Erkenntnissen erlebte. Akausales Denken ist heute zum Grundprinzip der Politik geworden. Gibt’s keine Ursachen mehr, kann niemand für die Defekte der Gegenwart verantwortlich gemacht werden. Die Menschheit wird untergehen und niemand wird schuld sein.

Was die Naturwissenschaften betraf, irrte Hume. Gesetze der Natur sind ewig. Weshalb Experimente nach Belieben wiederholbar sein und immer die gleichen Ergebnisse zeigen müssen. Diese Kausalität ist unerschütterlich.

Was die Geisteswissenschaften betraf, erkannte Hume etwas Wesentliches. Geisteswissenschaften untersuchen den Bereich des Menschlichen. Der Mensch aber ist ein Doppelwesen, körperlich gehört er in den Bereich immergleicher Gesetze, dem Geiste nach ist er ein schwankendes Wesen mit unberechenbaren, zufällig und willkürlich scheinenden „Gesetzen“, die mit den ewigen Gesetzen der außermenschlichen Natur nicht identisch sind. Hier entscheidet der Wille des Menschen, (lateinisch voluntas), weshalb alle Bereiche des Menschlichen, von der Seelenkunde über die Gesellschaftstheorie bis zur Politik voluntaristisch sein sollen. Wille wird zum Gegenbegriff der Vernunft; Willensstarke müssen sich ohne Vernunftkontrolle durchsetzen.

Voluntarismus entstand in der mittelalterlichen Lehre von Gott, als die Theologen um die Frage stritten: muss Gott, der Allmächtige, sich den Geboten seiner Vernunft ebenso unterordnen wie seine Geschöpfe oder schwebt er als Schöpfer frei über allen Dingen? Dann könnte er nach Belieben „sündigen“, sein beliebiges Verhalten – wechselnd zwischen verlässlicher Moral und unberechenbarer Willkür – wäre dem Menschen ein ewiges Rätsel. Gott wäre kein verstehbares Wesen, sondern ein launischer Irrwisch. Die zweite, irrationale Version setzte sich durch.

Für Luther war Gott unberechenbar. Es gab keine ewig gleichen „Werke“ (Taten), mit denen der Mensch seine Zuneigung hätte verlässlich gewinnen können. Die „Werkgerechtigkeit“ fiel ins Wasser. Was blieb? Die willkürliche Gnade, die man ohne jede Garantie erflehen muss.

Calvin übertraf Luther. Bei ihm wurde Gott zu einem Wesen, das durch keinerlei Bitten und Flehen des Menschen gnädig gestimmt werden konnte. Beten war, genau genommen, ein überflüssiges Ritual. Denn die Gnadenwahl Gottes stand bereits vor Erschaffung der Welt fest. Diesem Rätsel aller Rätsel mussten die Menschen sich willenlos fügen. Bei Luther war Gott noch ansprech-, wenn auch nicht berechenbar. Bei Calvin war Gott völlig unzugänglich geworden.

Seine Wahlentscheidungen vor der creatio ex nihilo waren unumstößlich – für den Menschen aber nie erkennbar. Es gab nur eine geringe Chance, den Willen Gottes zu erahnen: wen Gott erwählt hatte, der musste auf Erden doch ganz gewiss einen sichtbaren Erfolg haben! Der unverdiente Sieg durch die Wahl Gottes musste zum verdienten Sieg der Erwählten über die Gottlosen führen. Es mussteeine erlebbare Korrelation zwischen Gottes Entscheidung und weltlichem Erfolg geben. Das war der Ursprung des englischen und amerikanischen Calvinismus in der Ideologie des Kapitalismus.

Das Unwissen über den eigenen Status war so unerträglich, dass nur die Ahnung der eigenen Erwählung die existentielle Spannung vermindern konnte. Während Lutheraner noch immer hoffen konnten, durch Selbsterniedrigung, Winseln und Flehen Gott gnädig zu stimmen, mussten Calvinisten diese Hoffnung gänzlich fahren lassen: Gott ließ sich durch niemanden umstimmen. Er blieb, der er war, ist und sein wird.

„Gottes Gerechtigkeit erfordert die Verdammnis aller Menschen, doch seine Barmherzigkeit hat wenige zum Heil erwählt. Schon lange vor der Weltschöpfung hat Gott, unabhängig von unseren Tugenden und Lastern, bestimmt, wer des Heils teilhaftig werden und wer in die Hölle fahren soll. «Denn es ist nicht billig, dass der Mensch ungestraft durchforscht, was nach des Herrn Willen in ihm selber verborgen bleiben soll.» Biblische Begründung: «Welchem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig, und welches ich mich erbarme, des erbarme ich mich.»“ (Durant)

Bei beiden Reformatoren gab es für den Gläubigen nicht die leiseste Möglichkeit eines rationalen Durchdenkens seines Schicksals. Bei Luther musste man flehen ohne Garantie, aber mit einem Funken Hoffnung, bei Calvin war selbst die kleinste Hoffnung, Gott für sich zu gewinnen, vergeblich. Die irreversible Entscheidung Gottes konnte man nachträglich nicht revidieren, nur durch weltlichen Erfolg erahnen.

Bei Luther führte das selbsterniedrigende Bitten und Flehen zur deutschen ecclesia patiens, die aber als Staatsreligion zur Teilhabe an der Macht der Obrigkeit führte. Bei Calvin führte die Erahnung des Erwähltseins durch Erfolg zum rasenden Kapitalismus einer ecclesia triumphans, der die Obrigkeit – auch die demokratische – nach Belieben vor sich her trieb. Das war der geistige Humus des Neoliberalismus.

Während die Reformatoren jegliche Kausalitäten Gottes vernichteten, standen schon jene Naturwissenschaftler in den Startlöchern, die ihren Glauben an die Kausalität der Natur in Taten umsetzten. Galilei, Newton und Kepler fanden bestätigt, woran sie bislang nur glauben konnten: die Natur war ein rundum unerschütterliches kausales Gesamtereignis. Hume, kein Frommer, zahlte noch einen Tribut an die irrationale Welt der Reformatoren, als er dem Glauben an die Kausalität die Berechtigung entzog.

Indem die Naturwissenschaftler sich auf die ewige Kausalität der Natur bezogen, musste es zur Scheidung von den Geisteswissenschaften kommen, deren Forschungsgebiet, der Mensch, ein unzuverlässiger Kantonist war.

Die Aufklärung wollte keine Zweiteilung zulassen. Der Mensch war Teil der Natur und ihren berechenbaren Kausalitäten gänzlich untertan. Dadurch aber wurde der Mensch zur determinierten Maschine, sein freier Wille war nicht mehr zu erklären. Zwar hielten die Aufklärer dennoch am freien Willen fest – eine Begründung aber blieben sie schuldig. Ein Grund für den jungen Goethe in Straßburg, sich von der französischen Aufklärung zu distanzieren und sich den irrationalen Gefühlen des Sturm und Drang zu ergeben. Der Glaube an rationales Lernen und Erkennen ging in Deutschland flöten:

„Habe nun, ach! Philosophie,
Juristerei and Medizin,
Und leider auch Theologie

 Durchaus studiert, mit heißem Bemühn.
 Da steh‘ ich nun, ich armer Tor,
Und bin so klug als wie zuvor.
Und sehe, dass wir nichts wissen können!
Das will mir schier das Herz verbrennen.
Bilde mir nicht ein, was Rechts zu wissen,
Bilde mir nicht ein, ich könnte was lehren,
Die Menschen zu bessern und zu bekehren.
Drum hab‘ ich mich der Magie ergeben,
Dass ich nicht mehr mit sauerm Schweiß
Zu sagen brauche, was ich nicht weiß;
Dass ich erkenne, was die Welt
Im Innersten zusammenhält.“

Hier verabschiedeten sich die Deutschen von der wissenschaftlichen Rationalität der westlichen Aufklärung und versanken in der mystisch-esoterischen Allwissenheit der Romantik, die mehr als 100 Jahre später zu den eschatologischen Allmachtsgedanken der Nationalsozialisten führte.

Echte Wissenschaftlicher wissen, dass sie der Natur nicht ins Herz schauen können. Ergo begnügen sie sich mit vorläufigen Teilerkenntnissen, die sie allmählich hoffen, miteinander in Verbindung zu bringen. Ihr Traum von einer allumfassenden Weltformel ist schon mehr als 100 Jahre alt und noch immer nicht zur Realität geworden. Intuitive Ahnungen taugen nichts, wenn sie sich nicht der experimentellen Prüfung stellen. Es waren diese romantischen Allmachtsahnungen, die die Deutschen für mehrere Generationen daran hinderten, sich in den rationalen Forschungsweg der Wissenschaften einzufügen. Als sie endlich Wissenschaft gelernt hatten und an die Weltspitze vordrangen, delegierten sie ihr irrationales Erbe – an die Politik. Bismarcks Politik war nur zum Teil verlässlich, ab Kaiser Willem begann der teutonische Furor, der wenige Jahre später in verbrecherischem Irrsinn versank.

Julien Benda sah in Frankreich einen ähnlichen Verfall des rationalen Geistes, warnte aber vor allem vor den Deutschen, deren Führer die Schulen aufforderte, den Jugendlichen den Verzicht auf das Denken einzutrichtern.

„So verkündet der Archont von Mein Kampf, es sei nicht gut, die jungen Gehirne mit unnötigem Gepäck zu belasten. Körperertüchtigung war weitaus wichtiger als Pauken intellektueller Belanglosigkeiten. Ein junger Deutscher durfte nicht von der dritten zur vierten Klasse vorrücken, wenn er nicht eine dreiviertel Stunde lang ohne Unterbrechung schwimmen konnte.“ („Der Verrat der Intellektuellen“)

Am Ende des 19. Jahrhunderts verrieten die Intellektuellen ihren Glauben an die Vernunft und warfen sich in die Arme chauvinistischer Politik.

„Zu Ende des 19. Jahrhunderts vollzieht sich ein gewaltiger Umschwung; die Intellektuellen beginnen, beim Spiel der politischen Leidenschaften mitzuhalten. Die Männer, die einst die Unvernunft der Völker zügelten, geben ihr nun die Sporen. Mehrere Wege führen zu diesem Einbruch auf dem Gebiet der menschlichen Moralität.“ (Benda)

Nach einer kurzen Erholungsphase durch erzwungene Reeducation sind die Deutschen schon wieder dabei, in voller Fahrt ins Irrationale abzustürzen. Die Schulen sind nur noch Kadettenanstalten zum Drill wirtschaftlicher Tüchtigkeit. Was im Dritten Reich Körperertüchtigung war, sind heute digitale Fähigkeiten, die die Reputation der Ingenieurs-Nation retten sollen.

Verboten ist das selbständige Denken. Wie kann man dies bei Pädagogen lernen, die selbst nicht denken dürfen, was sie wollen, sondern der Zensur des Staates unterstehen? Demokratie kann man nur durch Praxis lernen, Schulen sind keine demokratischen Anstalten.

Heute wird in Deutschland das Gebiet der Moralität erneut zerlegt – wie beim damaligen Verrat an der Vernunft durch nationalistische Intellektuelle. Die Deklaration der Menschenrechte in der Französischen Revolution war ein Akt komprimierter Moralität. Moral ist Erklären dessen, was sein soll. Wenn Politik nur das Credo der Fakten anstimmt, begibt sie sich in die babylonische Gefangenschaft einer zufälligen und schlechten Wirklichkeit.

Würde die momentane Politik nur Faktenpolitik betreiben, überließe sie dem todbringenden Virus widerstandslos das Feld. Früher sprach man von Gottvertrauen, heute wäre das ein Verbrechen an der Menschheit.

Medizin ist nur zur Hälfte eine Faktenwissenschaft, zur andreren Hälfte ist sie eine kontrafaktische Sollensdisziplin, die Möglichkeiten erfinden muss, um die Krankheit zu bekämpfen. Die medizinischen Mittel sind naturwissenschaftlich, der Wille zur Heilung ist Sache der menschlichen Vernunft.

Heute wird die Vernunftmoral – nicht anders als in der Entwicklung des Ungeistes vom Sturm und Drang über Faust, Romantik bis zu Nietzsche – wieder lächerlich gemacht. Die Deutschen haben das Wesentliche aus ihren Völkerverbrechen nicht gelernt. Wer die Menschheit humanisieren will, muss humane Normen aufstellen. Der Kampf gegen Corona ist ein moralischer, der zugleich politisch, ein politischer, der zugleich moralisch ist.

 Politik ist kein Mechanismus, sondern ein individueller und kollektiver Akt des Herzens und der Vernunft. Selbst Maschinen können nicht nur mechanisch bedient werden, die Maschinisten müssen wissen, welche Schaltknöpfe sie drücken müssen. Die Wahl der Knöpfe ist Moral. Wer den Riesenkran nicht sinnvoll bedienen kann, zerstört das ganze Gebäude.

Merkels Treiben ist ein Tohuwabohu. Sie will eine faktenbasierte Politik – ohne zielorientierte Normen, mit denen sie die Schäden der Gegenwart reparieren kann? In der Tat, ihre bisherige Politik ist nur ein planloses Mitlaufen. Ihr Engagement in Sachen Corona ist – wieder einmal – nur eine Ausnahme, die ihr übliches Trödeln bestätigt.

Vor allem: wie verträgt sich ihre normenlose Lauheit mit ihrer Religion, die keine irdischen Fakten respektiert und totalitäre göttliche Forderungen stellt? Betreibt sie keine religiöse Politik? Dann wäre sie – nein, noch keine Heuchlerin, sondern nur Anhängerin der augustinischen und lutherischen Zweireiche-Lehre. Die sündigen Dinge der Welt soll man treiben lassen, bis es Gott gefällt, dem Spuk ein Ende zu bereiten. Merkel könnte sich immer auf theologische Autoritäten berufen – wenn die Deutschen sie überhaupt auffordern würden, ihre absurde Politik zu verteidigen. Doch deutsche Medien sind derart theologie- und merkelblind, dass sie ihr Doppelspiel nicht mal bemerken.

Eins sind sie mit ihrer Patronin, dass nichts über die Anbetung des IST geht. Ein Sollen wäre ja der Anhauch einer Utopie. Eher stürzen sie sich aus dem Fenster, als utopische Ziele der Politik zuzulassen.

Merkels IST-Politik kommt ihrem neuesten Bekenntnis zur Aufklärung in die Quere. Natürlich waren die Aufklärer begierig, den Ist-Zustand der Welt in Erfahrung zu bringen und akribisch zu beschreiben. Anders hätte die voluminöse Enzyklopädie nicht entstehen können. Genau so leidenschaftlich aber waren sie daran interessiert, den verderblichen Tatsachen ihrer Zeit – vor allem der klerikalen Tyrannei – Paroli zu bieten.

Von politischen Aufklärungselementen ist bei Merkel nichts zu sehen. Selbst ihre Corona-Bekämpfung vernachlässigt jede Erhellung wissenschaftlicher Zusammenhänge und begnügt sich mit emotionalen Benimm-Aspekten. Der Mensch ist für sie kein animal rationale, sondern ein notorischer Sünder. Dass Aufklärung und religiöse Phantastik ohnehin unvereinbar sind: das lässt sie kalt.

Faust bildete sich nicht länger ein, Menschen zu bessern und zu bekehren. Sein esoterischer Drang zur Allwissenheit war ein solipsistischer Akt, heute würde man von einem Ego-Trip reden. Die Ausschussware Mensch war nur dazu da, Fausts gottgleichen Führerambitionen zu dienen.

Heute entspricht Faust den genialen Elons dieser Welt, die den globalen Pöbel krepieren lassen, um mit kabbalistischer Technik ihr Heil im Jenseits zu suchen. Gott mit ihnen!

Da Merkel Politik als Wissenschaft betreibt, müssen ihre medialen Kohorten ein blindes Loblied auf die Wissenschaften anstimmen.

Doch Politik ist nur eine vage Disziplin des vergänglichen und irrationalen Menschen. Hier gibt es keine unvergänglichen Gesetze. Der menschliche Körper zwar ist Natur, doch der Geist des Menschen beeinflusst ihn mit irrationalen Einfällen, die nur rational werden könnten, wenn sie sich dem moralischen Imperativ seines Kopfes unterstellten.

Theoretisches Erkennen der Natur ist eine bewundernswerte Fähigkeit der Vernunft, doch die Praxis der Naturwissenschaftler ist zumeist eine Tragödie. Geisteswissenschaften können keine unverbrüchlichen Menschengesetze erkennen, denn solche existieren nicht. Ihre angeblichen Erkenntnisse sind oft nichts anderes als subjektive Meinungen, garniert mit scheinobjektiven Daten. Ihre statistischen Rechenmethoden dienen zumeist ihrer erschlichenen Selbstüberhebung zu objektiven Naturwissenschaften.

Was bislang überhaupt nicht zur Kenntnis genommen wurde: Wissenschaftler betrügen, sind süchtig nach Anerkennung, die sie sich durch Fälschungen erschleichen.

„«Wenn ich stichprobenartig Publikationen aus wissenschaftlichen Datenbanken nach bestimmten Auswahlkriterien heraussuche, komme ich auf einen Anteil von 33 bis 40 Prozent von Artikeln, die mit gefälschten Daten arbeiten», stellt Müller fest. Bei Durchsicht mehrerer hundert Veröffentlichungen mit spektroskopischen Messungen war Müller aufgefallen, dass in einigen Arbeiten «immer wieder exakt dieselben Messdaten auftauchten, was am immer identischen Untergrundrauschen erkennbar war. Die Fälschungsfälle sind keine singulären Ausrutscher. In einem wissenschaftlichen Publikationswesen, das nach der Devise „publish or perish“ („veröffentliche oder geh unter“) funktioniert, steigt die Zahl der Missbrauchsfälle mit dem härter werdenden Konkurrenzkampf.»“ (TAZ.de)

Betrachten wir nur die theoretischen Grundlagen der Intelligenzforschung, um den IQ- Kult als Götzendienst zu entlarven. Wie ist die wissenschaftliche Definition von Intelligenz?

„Es gibt keine allgemein anerkannte Definition der Intelligenz. Kontrovers sind die Meinungen über die innere Natur der Intelligenzleistungen.“ (Lexikon der Psychologie)

Wie kann man messen, was man nicht dingfest machen kann? Wie kann man etwas berechnen und quantitativ vergleichen, das man nicht definieren kann?

Quizfrage: geht es mit der Intelligenz der Menschheit aufwärts oder abwärts?

Antwort: Wenn Intelligenz die Fähigkeit des Menschen ist, seine Probleme zu lösen: wie könnte es mit seinem IQ aufwärts gehen – wenn die globalen Probleme gerade dabei sind, seine Zukunft in den Sand zu setzen?

Wer Wissenschaft nicht kritisch betrachtet, sondern wie eine Ersatzreligion anbetet, verachtet sie in Wirklichkeit. Er ist ein Feind der Wissenschaft.

Fortsetzung folgt.